Der Bauch - Ihr Energiezentrum und Powerhouse?

Willkommen, liebe Leser, im Januar, dem Monat der guten Vorsätze. Viele Menschen beginnen das Jahr mit dem Vorsatz, den Weihnachtsspeck abzutrainieren und überhaupt mal wieder etwas für die Gesundheit zu tun. 

Ein Blick auf die Groschenmagazine im Zeitschriftenhandel zeigt: Auch jetzt ist es wieder Zeit für ein Sixpack, der nächste Sommer kommt bestimmt! Und auch dieses Jahr kommen wieder die wahnsinnig effektiven Übungen für einen flachen Bauch, die besser sind, als diejenigen der letzten 20 oder 30 Jahre. 

Auch in anderen Trainingsformen wird dem Bauch oft eine völlig falsche Rolle zugewiesen, die als Energiezentrum, oder, wenn Sie es neudeutsch mögen als “Powerhouse”. 

So kommen denn auch immer wieder Menschen in meine Praxis, die unter verspannten Bäuchen leiden. 

Deshalb mal hier zum Jahresanfang ein paar ganz einfache Dinge zum Bauch, oder genauer gesagt zu Ihren Bauchmuskeln:

 

  1. Ihr gerader Bauchmuskel, der, der den Sixpack formt, ist ein Beugemuskel. So wie Ihr Bizeps Ihren Arm beugt, nutzen Sie ihren “rectus abdominis” um Ihr Schambein zu heben, oder ihren Brustkorb herunterzuziehen, oder beides. Also ein Muskel, der ihren Körper einrollt und aufgrund seiner Verspannung oft den Brustkorb nach unten zieht und so einen Rundrücken begünstigt. 
  2. Daneben gibt es noch die seitlichen Bauchwandmuskeln. Diese helfen Ihnen bei Rotationen, ziehen den Bauch ein und Senken die Rippen. 

 

Ganz vereinfacht betrachtet komprimieren die Bauchmuskeln den Raum zwischen Brustkorb und vorderem Becken. 

Wer das versteht, der kann nicht gleichzeitig annehmen, dass diese Muskeln für eine leichte, aufrechte Körperhaltung sorgen, oder den Körper stützen. Sind diese Muskeln atrophiert oder übertrainiert, ziehen sie den Körper in eine Rundrückenposition. 

Wenn Ihnen also noch einmal jemand sagt, sie müssten diese Muskulatur kräftigen um sich aufrechter halten zu können, dann können Sie ja dann herzlichen zusammen lachen. Oder mal ein Anatomiebuch verschenken. 

 

Lustigerweise brauchen gerade Methoden, die die Bauchmuskeln völlig falsch trainieren, auch immer wieder viele Atemübungen. Das ist ja auch logisch. Je stärker Ihre Bauchmuskeln den Oberkörper nach unten ziehen, desto mehr Arbeit haben etwa Ihre Treppenmuskeln (die scaleni, die den Brustkorb anheben). So ergeben sich dann auf Dauer verspannte, oberflächliche Atemmuster. 

 Die 

Wo wir gerade beim Atmen sind. Sie brauch das nicht zu üben. Atmen ist eine komplexe Angelegenheit, die der Körper ganz von alleine automatische perfekt regelt - oder regeln könnte, wenn er nicht so verspannt wäre. Keinesfalls müssen Sie zum Beispiel beim Atmen die Bauchdecke aktiv nach innen ziehen. 

 

Wer meinen Online Kurs zur Körperhaltung kennt, hat dort allerdings auch Atemübungen entdeckt. Wer das Senmotic System ein bisschen kennt, der weiss schon, dass ihn dort keine Kräftigungs- oder Dehnungsübungen erwarten. Tatsächlich führen die Übungen nur dazu, sich bewusst zu machen, wo man vielleicht verspannt und die Atmung “festhält”. Wer das verstanden und einmal umgesetzt hat, der braucht das auch nicht zu wiederholen. Anders gesagt: Ein entspannter Körper mit natürlicher Körperstruktur braucht keine Atemübungen. 

 

Ich weiss natürlich auch, dass mit Core-Strength auch noch andere Muskeln gemeint sind, insbesondere die Hüftbeugen und der Beckenboden. Und es stimmt schon, dass diese Muskelgruppen und das sie umgebende Bindegewebe (Faszien) oft verkümmert und verklebt sind. 

 

Macht es jetzt Sinn, mit bestimmten Übungen den Beckenboden und den Psoas-Illiacus (Hüftbeuger) zu stärken?

 

Ich bezweifle stark, dass dies eine nachhaltige Lösung ist. Jedenfalls ist es Zeitverschwendung. Sie müssten ja dann den Rest Ihres Lebens täglich trainieren. Wohlmöglich noch zusätzlich zu den anderen Dehn- und Kräftigungsübungen, die ihnen von noch so verschrieben werden. 

Da werden Sie nie fertig. Vielleicht hält diese Motivation ja den Januar durch. Aber bis nächstes Jahr? Oder die nächsten Jahrzehnte? 

 

Die Idee, man müssen irgendwelche Körperteile regelmässig speziell trainieren, geht von der falschen Vorstellung aus, dass es unmöglich sei, die Muskeln in einem durchschnittlichen “Büroalltag” in Form zu halten. Tatsächlich führt unser vom Sitzen geprägter Lebensstil zu Problemen. Dennoch können Sie nie so viel trainieren und üben, wie Sie im Alltag verkümmern lassen. 

 

Daher hier auch wieder meine Empfehlung: Lernen Sie lieber, sich im Alltag richtig zu bewegen. Gerade für den Beckenboden macht es zum Beispiel einen gewaltigen Unterschied, ob Ihr Körpergewicht im Sitzen vor oder hinter den Sitzbeinhöckern ruht. Oder ob Ihr Becken nach hinten geht, wenn Sie sich beugen. Oder wohin Ihre Füsse zeigen, wenn Sie Laufen.

 

Auch beim Beckenboden geht es nicht nur um Kraft, sondern auch um Kontrolle. Sicher mögen die sogenannten Kegel Übungen für manche Menschen wichtig sein. Aber für die meisten wären sie nie nötig, wenn sie sich im Alltag richtig bewegen würden. 

 

Wo liegt also nun das Energiezentrum des Menschen? Ich persönlich betrachte den Menschen immer als ganzes und stelle mir deshalb solche Fragen nicht. Es braucht einen ganzen Menschen um wie ein Mensch zu funktionieren.

 

Spasseshalber antworte ich aber immer gerne: Das Energiezentrum des Menschen ist sein Po!

 

Das ist leider nicht so mystisch wie der Bauch und ich weiss noch nicht mal, ob es eine Po-Chakra gibt ;)

 

Tatsache ist aber, dass der Mensch sich in der Schwerkraft bewegt und dass die meiste Muskelenergie darauf verwendet wird, sich in der Schwerkraft aufrecht zu halten. 

 

Aufgrund seines Volumens, seiner Kraft und der Position in der Mitte des Körpers könnte man also durchaus argumentieren, dass Ihr Gluteen Ihr Energiezentrum sind. Oder ihre Waden, die haben auch ganz schön Kraft. Oder Ihr Darm, Ihr Herz oder ihr Gehirn. 

 

Letztlich spielt das aber keine Rolle. Wichtig ist nur, dass Sie nicht dem jährlichen Jahrmarkt an Kräftigungs- Dehnungs- und Atemübungen verfallen. 

 

Bewegen Sie sich also auch in 2016 wieder viel(fältig) und mit Spass an der Sache. 

 

Übrigens, einen schlanken Bauch bekommen Sie in der Küche, nicht im Studio! 

 

Also, Guten Appetit und Frohes Neues Jahr!

 

 

 

Kommentar schreiben

Kommentare: 0